Quelle: Samstag, 08.06.2024, Sachsensonntag
Region. „In einer auf Konsum und ständigem Wachstum ausgerichteten Welt muss der Umgang mit Geld, Handy und Internet gelernt werden“, sagt Tilo Winkler, Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberater, „so kann dann unter unterem dem Ver- und Überschuldungsrisiko, das von „Buy Now, Pay Later“-Angeboten zusätzlich ausgeht, begegnet werden. Insbesondere einkommensschwache Personen sollten bei allem berechtigten Bedürfnis nach sofortiger Teilhabe am materiellen Wohlstand möglichst diesen Angeboten widerstehen und auch das vorherige Ansparen von Mitteln für Anschaffungen nicht aus dem Auge verlieren. Für unsere Großeltern war das noch selbstverständlich.“
Anlässlich der Aktionswoche Schuldnerberatung 2024, zu der die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) vom 10. bis 14. Juni aufruft, ist der Berater –ergänzend zum ständigen Beratungsangebot in Bad Düben und Eilenburg – am 13. Juni von 9 bis 13 Uhr im Rathaus Taucha präsent.
Die Aktionswoche Schuldnerberatung nimmt vor allem „Buy Now, Pay Later“-Angebote ins Visier. Viel zu viele, gerade auch junge Menschen, unterschätzen das Risiko, das von scheinbar so verlockenden Angeboten ausgeht, jetzt etwas im Internet zu bestellen und es später und/oder in Raten zu bezahlen. Der Verlust des Überblicks oder der Eintritt unvorhergesehener Ereignisse können schnell die Schuldenfalle zuschnappen lassen.
Neben einer finanziellen Allgemeinbildung von klein auf ist auch auf viel mehr Transparenz bei „Buy Now, Pay Later“-Angeboten zu setzen: Die neue Verbraucherkreditrichtlinie der EU, die bis 2026 umgesetzt werden muss, bringt insoweit Verbesserungen. Bis dahin sind die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst besonders gefordert, denn es verschwimmt für die Käuferinnen und Käufer die Grenze zwischen Rechnungskauf und Ratenfinanzierung. Die Zahlung läuft häufig über Drittanbieter, bei denen mit dem Kauf unter Umständen sogar ein Kredit abgeschlossen wird. Die Angaben zu anfallenden Zinsen und Gebühren fehlen oft oder sind intransparent. Wichtig ist immer und besonders wegen dieser strukturellen Defizite aber auch die realistische Selbsteinschätzung: Habe ich nach Ablauf der Zahlungsfrist sicher die Mittel zur Verfügung oder kann etwas Wichtigeres dazwischenkommen, gegebenenfalls auch eine neue „dringende“ Bestellung?
Für betroffene Haushalte ist es im Fall der Fälle wichtig, wieder einen Überblick über die finanzielle Situation zu bekommen und eine gute Budgetplanung zu erstellen und verfügbare Mittel nach Prioritäten und bezogen auf den Monat einzuteilen, wollen sie aus der Schuldenfalle herauskommen. Die Existenzsicherung geht dabei vor Ratenzahlung – insbesondere zur Vermeidung von Miet- und Energieschulden.
Die vom Freistaat Sachsen und Landkreis Nordsachsen finanzierte Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung verfolgt einen ganzheitlichen Beratungsansatz und unterstützt Überschuldete bei ihrer wirtschaftlichen und auch psychosozialen Stabilisierung. Denn Verschuldung ist ein strukturell und individuell bedingter Prozess, der in bestimmten Situationen schnell zur Überschuldung und in der Folge zu psychosozialen Belastungen führen kann. Wichtig ist dann sich zeitnah beraten zu lassen.
Die Schuldnerberatung des AWO Kreisverband Nordsachsen e. V. ist in Bad Düben telefonisch unter 034243 33536, in Eilenburg unter 03423 7003981 und in Delitzsch unter 034202 351783 erreichbar.