Jeder elfte Nordsachse ist überschuldet - Torgauer am häufigsten betroffen

Im Landkreis sind rund 15 000 Menschen betroffen. Die Gründe sind vielfältig.

Quelle: Donnerstag, 4. Januar 2023, LVZ Lokales

von Tanja de Wall

Mit einer Überschuldungsquote von 9,1 Prozent liegt Nordsachsen leicht über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 8,2 Prozent. Im Landkreis sind rund 15 000 Menschen betroffen. Die Gründe sind vielfältig.

Niedrigeinkommen, Trennungen, Krankheit, Sucht oder Unfälle – eine Vielzahl von Gründen führt Menschen in die Schuldenfalle. Allein im Landkreis Nordsachsen kämpft fast jeder elfte Einwohner über 18 Jahren mit Überschuldung, teilte Simone Polenz, zuständig für Öffentlichkeitsarbeit bei der Creditreform Leipzig Niedenzu KG, mit.

Mit einer Überschuldungsquote von 9,1 Prozent liegt Nordsachsen damit leicht über dem bundesdeutschen Durchschnitt von 8,2 Prozent. Rund 15.100 Personen sind in der Region von dieser Thematik betroffen, geht aus dem Schuldenatlas von Creditreform für das Jahr 2023 hervor. Trotzdem gibt es einen leichten Rückgang um 700 Personen im Vergleich zum Vorjahr.

Wie sieht es in einzelnen Städten und Gemeinden aus? Interessanterweise hat sich die Situation in der Stadt Torgau verschlechtert, die mit einer Überschuldungsquote von 13,3 Prozent nun negativer Spitzenreiter ist, während sie im Jahr 2013 noch bei 11,7 Prozent lag. Auch in Dommitzsch hat sich die Überschuldungsquote leicht erhöht – und zwar um 0,08 Prozentpunkte.

Die niedrigsten Überschuldungsquoten verzeichnen Belgern-Schildau (4,96 Prozent), Mockrehna (6,3 Prozent) und Taucha (6,53 Prozent). Verbesserungen gab es auch in Dahlen – hier ist die Überschuldungsquote von 9,23 Prozent im Jahr 2022 auf 8,37 Prozent im vorigen Jahr gesunken.

Im Zehn-Jahresvergleich gibt es auch Verbesserungen. Die stärkste zeigt Rackwitz (minus 3,13 Prozentpunkte), gefolgt von Taucha (minus 2,91 Prozentpunkte), Beilrode (minus 2,26 Prozentpunkte) und Mügeln (minus 2,09 Prozentpunkte). Im Zeitverlauf haben sich dagegen Torgau (plus 1,59 Prozentpunkte) und Dommitzsch (plus 0,3 Prozentpunkte) verschlechtert.

„In vielen Fällen liegt die Verschuldung auch am wirtschaftlichen Ausgabeverhalten“, sagt Tilo Winkler, Schuldnerberater und Verbraucherinsolvenzberater der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Nordsachsen. Insbesondere junge Menschen verlieren oft den Überblick über ihre Finanzen und bestellten zu viel, unterstützt durch diverse Zahlungssysteme, die auf Pump kaufen im Internet ermöglichen. Aber auch gescheiterte Selbstständigkeiten, Arbeitslosigkeit und Bürgschaften können Ursachen für die Verschuldung sein.

Im gesamten Bundesland Sachsen ist jede zwölfte Person von Überschuldung betroffen, was einer Quote von 8,2 Prozent entspricht, leicht über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Im Vergleich zum Vorjahr konnte jedoch ein Rückgang um 0,3 Prozentpunkte verzeichnet werden. Sachsen rutschte im Ländervergleich von Platz sechs auf Platz acht.

Auch Leipzig verzeichnet trotz einer Überschuldungsquote von neun Prozent eine positive Entwicklung mit einem Rückgang von minus 2,8 Prozentpunkten im Zehn-Jahresvergleich. In allen Landkreisen und kreisfreien Städten des Freistaates wird ein Rückgang der Überschuldungsquote festgestellt.

Gegen Überschuldung kann man verschiedene Maßnahmen ergreifen, um die finanzielle Situation zu verbessern. Dazu gehören beispielsweise die Erstellung eines Haushaltsplans, die Reduzierung von Ausgaben, die Suche nach zusätzlichen Einnahmequellen, die Umschuldung zu günstigeren Konditionen, und im Falle einer schwerwiegenden Überschuldung die Inanspruchnahme einer Schuldnerberatung oder die Einleitung eines Insolvenzverfahrens.

Laut des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz kann bei drohender oder bereits eingetretener Überschuldung eine Schuldnerberatung in Anspruch genommen werden, um gemeinsam Lösungswege zu erarbeiten. Zudem wird empfohlen, frühzeitig mit den Gläubigern in Kontakt zu treten, um mögliche Ratenzahlungen oder einen Schuldenvergleich zu vereinbaren. Im Falle einer schwerwiegenden Überschuldung kann auch die Privatinsolvenz eine Option sein. Überschuldung kann zudem erhebliche Auswirkungen auf die Persönlichkeit haben, da sie eine Belastung der Sozialbeziehungen und psychische Probleme verursacht.

Der Schuldneratlas von Creditreform ist eine jährlich veröffentlichte Studie, die die Überschuldungssituation in Deutschland untersucht. Die Studie liefert Einblicke in die Entwicklung der Überschuldung und die betroffenen Bevölkerungsgruppen, was für verschiedene Interessengruppen wie Unternehmen, Politik und Sozialverbände relevant ist.