Quelle: LVZ Delitzsch-Eilenburg, von Steffen Brost
Schwache Geburtenjahre setzen Kita-Träger in der Region unter Druck
Delitzsch, Eilenburg, Bad Düben: Die Kindertagesstätten in der Region stehen in den kommenden Jahren vor sinkenden Kinderzahlen / Schon jetzt gibt es Kritik am Umgang mit Erziehern
Die Kaufmännische Angestellte kritisiert in diesem Zusammenhang auch die aus ihrer Sicht verpasste Chance, warum man nicht versucht, das Personal in der jeweiligen Einrichtung zu halten, und endlich das beginnt, was die Politik schon vor Jahren versprochen hat. „Der Bund muss endlich verstehen, dass eine Kindertagesstätte als Bildungseinrichtung angesehen wird. Hier wird durch die Erzieher der Grundstein für die spätere Schulzeit gelegt. Hier fangen die Kinder an, zu lernen. Deswegen ist für mich völlig unklar, dass man solche Einrichtungen nicht wie eine Schule als Bildungseinrichtung sieht.“
Das bestätigte auch Conny Knepper vom Elternrat der AWO-Kita Spatzenhaus. Sie sagte, dass im Rahmen einer Elternratsbesprechung diese Maßnahmen Anfang des Jahres getroffen wurden. „Es fehlen schlichtweg die Kinder. Der Personalschlüssel ist nach wie vor gegeben, aber wenn Urlaub und Krankheit ins Spiel kommen, dann kommt alles ziemlich schnell durcheinander“, weiß Knepper.
Für die Mädchen und Jungen, die täglich die Einrichtungen besuchen, ist die Situation nicht einfach, wenn die tägliche Erzieherin jedes Mal eine andere ist. „Es wird seitens der Leitung versucht, alles so gut wie möglich abzufedern, aber die Ampel springt ganz schnell mal auf Gelb oder Rot, wenn plötzlich Erzieher wegen Krankheit oder Urlaub ausfallen“, so Knepper.
Die AWO ist aktuell Träger von zwölf Kindertagesstätten mit rund 180 Mitarbeitern in Nordsachsen. Entlassungen kommen für Marko Schreiber, Geschäftsführer des AWO-Kreisverbandes Nordsachsen, vorerst nicht infrage. „Allerdings muss mir als Arbeitgeber die Möglichkeit offenstehen, Kolleginnen oder Kollegen dort einzusetzen, wo es notwendig ist. Das war bisher immer so. Das wissen auch die Mitarbeiter“, bestätigt Schreiber.
Über allem schwebt der sogenannte Personalschlüssel. Der besagt, dass im Krippenbereich ein Erzieher auf fünf Kinder, im Kindergartenbereich ein Erzieher auf zwölf Kinder und im Hort ein Erzieher auf 20 Kinder entfällt. Aktuell sinken die Kinderzahlen hauptsächlich in der Krippe.
„Der neuralgische Punkt ist der August, wenn die Kita-Kinder zu Schulkindern werden. Im Bereich des Hortes haben wir aktuell keine Probleme. Da steigen die Kinderzahlen. In sechs bis sieben Jahren sieht es dann dort auch anders aus. Dann schwappt die Kurve rüber. Fakt ist natürlich auch, dass ich kein Personal in Größenordnungen vorhalten kann. Deswegen wird es in Zukunft immer mal wieder zu Versetzungen kommen“, erklärte Schreiber.
Mit den gleichen Problemen kämpft das Diakonische Werk Delitzsch-Eilenburg. Geschäftsführer Tobias Münscher-Paulig ist auch Chef von 15 Kitas mit über 1000 Kindern. „Geburtenraten verändern sich nun mal. Vor zwei Jahren haben wir händeringend Erzieher gesucht. Jetzt gehen die Geburtenzahlen zurück. Das merken wir im Krippenbereich genauso“, so Münscher-Paulig.
Entlassungen stehen bei der Diakonie nicht auf dem Plan. Der Geschäftsführer setzt dort eher auf Stundenreduzierungen und auch mal einen Wechsel in eine andere Einrichtung. „Unsere Mitarbeiter werden darauf sensibilisiert, wenn in anderen Kitas Personalmangel herrscht. Dann wird untereinander ausgeholfen.“
Münscher-Paulig moniert dagegen, dass Sachsen zu den Bundesländern gehört, wo der Personalschlüssel am schlechtesten ist. „Ich wünsche mir von unserer Landesregierung, dass der Personalschlüssel neu angepasst wird. Das ist eine Chance, dass wir die frühkindliche Bildung unserer Kinder weiter intensivieren und anpassen können“.