Neue Bertelsmann-Studie - Zu wenige Erzieher für zu viele Kinder? Wie sieht es in den Kitas um Delitzsch aus

Quelle: LVZ, 24.09.2021, Mathias Schönknecht und Heike Liesaus

Nur jede 20. Kita Sachsens soll laut einer Studie genug Erzieherinnen haben, um dem Betreuungsschlüssel gerecht zu werden. Wie sieht das in der Region Delitzsch aus?

Delitzsch

Kita-Plätze sind gefragt. Kindertagesstätten werden derzeit vielfach erweitert. Aber nur jede 20. Kita in Sachsen soll ausreichend Erzieherinnen und Erzieher haben, um dem Betreuungsschlüssel gerecht zu werden. So legt es eine aktuelle Erhebung der Bertelsmann-Stiftung nahe. Wie sieht das in der Region Delitzsch aus?

Nach der Bertelsmann-Analyse kommen in sächsischen Kinderkrippen auf 1 Erzieherin 5,5 Kinder (bundesweit im Schnitt: 4,1). Die Empfehlung liegt bei einem Verhältnis von 1 zu 3. In Kindergärten beträgt in Sachsen die Quote 1 zu 11,7 (bundesweit: 8,7). Hier empfehlen die Fachleute ein Betreuungsverhältnis von 1 zu 7,5. Nach der Analyse stand 2020 in Sachsen für 95 Prozent der Kinder in amtlich erfassten Kita-Gruppen nicht genügend Fachpersonal zur Verfügung.

Die Gemeinde Wiedemar hat die genaue Rechnung aufgemacht: Dort werden zum Beispiel aktuell 82 Krippenkinder, 160 Kindergartenkinder und 172 Hortkinder betreut. Unter Berücksichtigung vereinbarter Betreuungszeiten, Vor- und Nachbereitungszeit und dem Zuschlag für Leiterstunden werden insgesamt 40,54 Vollzeitbeschäftige benötigt. Aktuell sind in Wiedemar 43 Erzieher in Teilzeit, eine Sozialassistentin in Teilzeit, zwei Auszubildende und vier Leiterinnen angestellt. Drei Erzieherstellen sind dagegen aktuell offen. Diese sind auf mehreren Portalen, zum Beispiel auf der Internetseite der Gemeinde und auf dem Bildungsserver, ausgeschrieben. Doch die Resonanz sei laut Gemeinde „sehr übersichtlich“.

 „Im ländlichen Bereich gestaltet sich die Personalgewinnung schwieriger. In den Städten ist dies, durch die gute Anbindung an den ÖPNV leichter“, stellt auch Juliane Kövel von der Kita-Fachberatung beim Awo-Kreisverband Nordsachsen fest, der in seinen drei Einrichtungen in Delitzsch und Döbernitz 570 Kinder mit 74 Erzieherinnen betreut. Unbesetzt ist derzeit keine der Stellen. Gleiche Situation bei der Stadt Delitzsch. Dort steht eine Dauerausschreibung auf der Stadt-Website. Um im Fall der Fälle kurzfristig zu reagieren. Auch Arbeitsverträge mit flexiblen Arbeitszeiten helfen, sich dem jeweils aktuellen Bedarf anzupassen.

„Erzieherin ist derzeit ein gefragter Beruf. Wir hatten Glück, dass es derzeit so viele Absolventinnen gab“, bestätigt Nadine Anders von der Gemeindeverwaltung Krostitz. Im August sind fünf eingestellt worden. Alle 45 Stellen in den zwei Einrichtungen, die 318 Kinder betreuen, besetzt.

Auch das DRK verbucht kräftigen Zuwachs: „Der Verband konnte im letzten halben Jahr unter ausreichend Bewerbern und Bewerberinnen auswählen. Allein zum 1. August 2021 haben sieben neue Erzieherinnen beim DRK Kreisverband Delitzsch eine Arbeit aufgenommen“, wird auf die LVZ-Anfrage mitgeteilt.

Flexible Arbeitsverträge

Das Diakonische Werk Delitzsch-Eilenburg beschäftigt aktuell circa 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei 1036 Betreuungsplätzen in zwölf Kitas, die aber nicht alle belegt sind. In Delitzsch gibt es drei Einrichtungen, in Löbnitz eine. Um die Betreuung abzusichern werde auch auf flexible Arbeitsverträge gesetzt, nach denen Wochenarbeitszeiten zwischen 30 und 35 Stunden variieren, so Marlis Bauer, Bereichsleiterin für Kitas. Wenn Mitarbeiterinnen zum Bespiel wegen Schwangerschaft längerfristig ausfallen, wird auch auf Personaldienstleister zurückgegriffen, sagt Bauer.

Problem ländlicher Raum

Vier Stellen sind derzeit ausgeschrieben. Die Personalleiterin wünscht sich, dass auch auf politischer Ebene etwas passiert: Die Ausbildungszeiten für Erzieherinnen sei zu lang. Der übliche Weg laufe mit zwei Jahren zum Sozialassistenten, dann folgt die dreijährige Erzieher-Ausbildung. Für den ländlichen Bereich sei es schwieriger, Personal zu gewinnen. In Schkeuditz, wo am 1. September eine neue Kita eröffnet wurde, sei es geglückt, alle Stellen zu besetzen. Da spielte das Ende der Ausbildung in die Karten. „Und ein neues Haus ist attraktiv.“

Von Mathias Schönknecht und Heike Liesaus

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